Es existiert eine grosse Anzahl von Problemlösungsmethoden, welche entsprechend dem Anwendungsgebiet angewendet werden können (Organisationen, Qualität, Technik, usw.). Alle diese Problemlösungsmethoden folgen einer bestimmten Logik, welche in diesem Artikel beschrieben wird. Neben dieser Logik ist generell bei allen Problemlösungsmethoden wichtig, dass alle betroffenen Funktionen und Abteilungen an der Lösungsfindung beteiligt werden.

Es gibt viele Wege, um erfolgreiche Lösungen für Probleme zu finden. Sicher ist aber, dass gescheiterte Problemlösungsaktionen meistens durch eine unstrukturierte Vorgehensweise sowie durch eine mangelnde Einbindung der betroffenen Mitarbeiter gekennzeichnet sind.

Problemlösungsprozess

Ein strukturierter Problemlösungsprozess beinhaltet die folgenden Etappen:

Strukturierter Problemlösungsprozess
Strukturierter Problemlösungsprozess

Ein solcher Prozess kann generell für komplexe Probleme mit vielen Entscheidungsvariablen angewendet. Im Falle von spezifischeren Problemen aus den Bereichen der Qualität oder der Technik sollten aber eher die 8D- («schnelle» Problemlösungsmethode im Falle von Qualitätsproblemen) oder die FMEA-Methode (Fehler- und Einflussanalyse) angewendet werden.

1. Etappe: Beschreibung des Problems

In der ersten Etappe wird die aktuelle sowie die ideale Situation beschrieben. Das Ziel dieser Etappe ist also das Verstehen des Problems sowie der Richtung, in welche die Lösungen entwickelt werden sollten. Hier eine Liste von typischen (fiktiven) Problemen:

  • Die Leistung einer Montageabteilung muss kurzfristig erhöht werden. Die gewünschte Leistung ist 20k Produkte/Woche (aktuell = 18k Produkte/Woche);
  • Die mangelnde Koordination zwischen der Planungs- und Einkaufsabteilung führt zu verspäteten Kundenlieferungen. Der gewünschte Liefergrad ist 90% (aktuell = 85%);
  • Die Industrialisierungszeit muss für neue Produkte reduziert werden. Die gewünschte Industrialisierungszeit entspricht 6 Monaten (aktuell = 8 Monate).

In dieser ersten Etappe muss zudem der Entscheid gefällt werden, ob eine (aufwendige) Problemlösungsaktion überhaupt nötig ist. Eventuell gibt es für das analysierte Problem schon eine etablierte Lösung («das Rad nicht neu erfinden»).

2. Etappe: Analyse des Problems

In der zweiten Etappe wird das Problem im Detail analysiert und die Ursachen bestimmt. Dies kann mit Hilfe von Daten (Leistungskennzahlen), der Analyse der aktuellen Situation (Interviews, Beobachtungen, spezifische Messungen, usw.) oder einer Analysemethode wie Metaplan®, VSM oder Service-Blueprint durchgeführt werden.

Das Ziel dieser Etappe ist das Verstehen des Problems sowie seiner Ursachen. Die Schlussfolgerungen dieser Etappe zeigen den Weg auf für die Suche nach Lösungen in der nächsten Etappe.

3. Etappe: Mindestens zwei Lösungen entwickeln

Die dritte Etappe entspricht der kreativen Phase des Problemlösungsprozesses. Sicher sollten mindestens zwei, idealerweise aber drei bis fünf Lösungsansätze gefunden werden. Für Anwendungsgebiete wie Logistikorganisationen gibt es schon eine gewisse Anzahl von etablierten Lösungsansätzen wie die Lean– oder Six Sigma-Methode. Für andere Bereiche ist die Suche weniger einfach, vor allem wenn es sich um rein organisatorische Probleme handelt (mangelnde Koordination zwischen Abteilungen, ungenügende Ausbildung oder mangelnde Normen und Regeln, Konfliktsituation, usw.).

4. Etappe: Bestimmen der Entscheidungskriterien

Die Entscheidungskriterien für die Auswahl der besten Lösung werden in der vierten Etappe bestimmt. Sicher ist die in der ersten Etappe definierte Idealsituation der Ausgangspunkt, zusätzlich sollten aber auch die verfügbaren Ressourcen in Zeit und Geld definiert werden. Diese Kriterien werden erst in der vierten Etappe definiert, damit die Kreativität in der vorherigen Etappe nicht «gebremst» wird.

5. Etappe: Falls nötig Szenarien entwickeln

Im Falle von komplexen Problemen besteht die Möglichkeit, dass sich die analysierte Situation in der nahen Zukunft verändern wird. Die entwickelten Szenarien sollten also die möglichen Entwicklungen des Problems reflektieren und anschliessend in die Lösungsauswahlprozedur integriert werden. Hier eine Liste möglicher (fiktiver) Szenarien:

  • Das Verkaufsniveau eines neuen Produkts (hoch, mittel oder tief);
  • Die Übergangszeit bis zur Einführung einer neuen Organisation oder eines neuen Werkzeuges (3 Monate, 6 Monate oder 12 Monate).

Diese fünfte Etappe ist besonders wichtig im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen für Logistikketten («The New Normal»).

6. Etappe: Bestimmen der Auswirkungen der Lösungen

Die Auswirkungen der Lösungen werden in der sechsten Etappe bestimmt. Diese Auswirkungen beinhalten den direkten Einfluss auf das Problem sowie die benötigten Ressourcen in Zeit und Geld für die Implementierung. Diese Auswirkungen können qualitativ bestimmt werden (hoch, mittel tief), bei komplexeren Problemen ist aber sicher eine genauere quantitative Bestimmung angebracht.

7. Etappe: Vergleich und Auswahl der Lösungen

In der letzten siebten Etappe wird die beste Lösung gemäss den gewählten Kriterien (und Szenarien) ausgewählt. In dieser Etappe wird auch der Aktionsplan bestimmt, welcher aus kurzfristigen Aktionen für das Lösen der dringendsten Probleme sowie langfristigen Aktionen für das Beheben der Problemursachen besteht.

Zusammenfassung

Der präsentierte Problemlösungsprozess entspricht einem allgemeinen Ansatz für die Lösung von komplexen Problemen. Die Anwendung einer solchen Methode garantiert nicht nur die Wahl von robusten Lösungen, sie fördert auch die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen verschiedenen Abteilungen und Funktionen.

Zusätzliches Material

Zusammenfassung der Problemlösungsmethoden (in Englisch): PDF

Referenzen

  • George M. L., J. Maxey, D. Rowlands und M. Price. 2004. The Lean Six Sigma Toolbook: A Quick Reference Guide to 100 Tools for Improving Quality and Speed. McGraw-Hill, New York (in Englisch)
  • Grünig R. und R. Kühn. 2017. Entscheidungsverfahren für komplexe Probleme, 2nd edition. Springer, Heidelberg
  • Isaksen S. G., K. B. Dorval et D. J. Treffinger. 2010. Creative Approaches to Problem Solving: A Framework for Innovation and Change. Sage, Los Angeles (in Englisch)