Für eine pragmatische und effiziente Produktionsplanung und -steuerung

Schlagwort: Kanban-Plantafel

Die Kanban-Plantafel erlaubt eine feinere Steuerung der Prioritäten und ist geeignet für die Steuerung von Lieferanten mit Kapazitätsbeschränkungen.

Verbrauchsorientierter Materialfluss mit Hilfe der Kanban-Methode

Die Kanban-Methode ist ein Lean-Werkzeug, welches das Pull-Prinzip (verbrauchsgesteuerter Materialfluss) für die Produktionssteuerung anwendet. Im Pull-Prinzip ist die Produktion ist also nur zulässig, wenn vorgängig ein Verbrauch stattgefunden hat. Das Gegenteil vom Pull-Prinzip ist das Push-Prinzip (plangesteuerter Materialfluss), bei welchem die Produktion gemäss dem Bedarf oder den Vorhersagen gesteuert wird. Das Push-Prinzip wird hauptsächlich mit Hilfe von IT-Werkzeugen (Material Requirements Planning MRP) angewendet, während das Pull-Prinzip mit einfacheren Mitteln eingeführt werden kann.

Das Pull-Prinzip

Das Pull-Prinzip basiert also auf der Regel, dass die Wiederbeschaffung nur gestattet ist, nachdem ein Verbrauch stattgefunden hat.

Verbrauchsgesteuerter Materialfluss (pull-flow)
Verbrauchsgesteuerter Materialfluss (pull-flow)
  1. Der Kunde bezieht das Material von Lager;
  2. Ein Signal wird dem Lieferanten geschickt, um ein Verbrauch zu melden;
  3. Der Lieferant startet die Wiederbeschaffung und sendet das Produkt an das Lager des Kunden.

Das Pull-Prinzip ist also das ideale Werkzeug, um die durch eine spekulative Planung verursachte Überproduktion zu verhindern. Eine weitere wichtige Eigenschaft dieses Konzeptes ist die Stabilisierung der Lieferzeitung mit Hilfe der Begrenzung des Umlaufbestandes (WIP).

Unterschiede zwischen dem Push- und Pull-Prinzip

Es existiert eine gewisse Konfusion in Bezug die bedarfsgesteuerte Produktion (Demand driven) und wie sie mit Hilfe des Push- (MRP) oder des Pull-Prinzips (Kanban) realisiert werden kann. Das Pull-Prinzip ist sicher die typische Wahl, da in diesem Fall die Produktion nur durch den effektiven Verbrauch und nicht durch Vorhersagen gesteuert wird. Eine bedarfsgesteuerte Produktion ist aber auch mit dem Push-Prinzip (MRP) möglich, falls nur bei festen Bestellungen produziert wird (Produktionsstrategie = Auftragssteuerung = Make-to-order). Andererseits ist es auch möglich, dass die verbrauchsgesteuerte Produktion (Pull) angetrieben wird durch den «Verbrauch» der Fertigprodukte durch Lagertransaktionen (Transfer vom Produktionslager in Zentrallager oder Verteilzentralen) und nicht durch den effektiven Kundenbedarf.

Eine durch den effektiven Bedarf gesteuerte Produktion (demand driven) wird also eher bewerkstelligt durch die richtige Auswahl der Produktionsstrategien (Auftragsfertigung, Lagerfertigung oder auftragsspezifische Endmontage) als durch die Art der Produktionssteuerung (Push- oder Pull-Prinzip). Sicher ist aber, dass für die Produktionssteuerung mit Hilfe des Pull-Prinzips schlankere Lösungen gefunden werden können.

Der Kanban-Regelkreis

Mit Hilfe der Kanban-Methode wird die Produktion geregelt mit Hilfe eines Kanban-Regelkreises bestehend aus einer gewissen Anzahl von Kanban-Karten, welche zwischen den Lieferanten und dem Kunden zirkulieren. Im in der folgenden Figur illustrierten Beispiel zirkulieren vier Kanban-Karten mit einer Kapazität von drei Produkten zwischen dem Kunden und dem Lieferanten.

Konzept der Kanban-Methode
Konzept der Kanban-Methode
  1. Der Kunde bezieht (verbraucht) die Produkte vom Lager, in welchem sich volle (mit angehefteter Kanban-Karte) und angebrauchte Container befinden;
  2. Die Kanban-Karte wird unverzüglich vom Container abgelöst und zum Lieferanten gesendet, falls Produkte von einem noch vollen Container entnommen werden;
  3. Die Wiederbeschaffung wird gesteuert durch die Anzahl der wartenden Kanban-Karten sowie der Alarmniveaus (grün = kann produzieren, rot = muss produzieren);
  4. Die Wiederbeschaffung wird gestartet, falls die Anzahl der Kanban-Karten die Alarmniveaus übersteigt. Die fertiggestellten Produkte werden in Containern zusammen mit den Kanban-Karten zurück an das Lager (Supermarkt) des Kunden geschickt. In jedem Fall muss die Anzahl der produzieren Produkte der Kanban-Kapazität entsprechen.

Die Anzahl der Kanban-Karten wird gemäss der folgenden Formel berechnet:

Anzahl der Kanban-Karten = (Wiederbeschaffungszeit x mittler Bedarf x Sicherheitsfaktor) / Kanban-Kapazität

Für den Sicherheitsfaktor werden typischerweise Werte zwischen 1.5 … 2 gewählt.

Ein einwandfreies Funktionieren der Kanban-Methode kann nur erreicht werden, wenn die Kunden und die Lieferanten untereinander direkt und schnell kommunizieren im Falle von Bedarfsänderungen oder Qualitäts- und Kapazitätsproblemen.

Kanban-Prioritätenregeln

Die Kanban-Methode ist ein sehr effizientes Konzept für die Produktionssteuerung, aber seine Anwendung wird schwierig, falls eine grössere Anzahl von Produkten zu steuern ist. Der Grund ist die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit von Prioritätenkonflikten (mehrere Produkte überteigen zum gleichen Zeitpunkt die Alarmniveaus) zunimmt mit dem Ansteigen der Anzahl der gesteuerten Produkte. Daher gibt es grundsätzlich zwei Optionen für die Kanban-Prioritätenregelung, welche abhängig sind von der Flexibilität der Lieferantenkapazität.

Die Two-Bin Methoden

Die Two-Bin Methode kann angewendet werden, wenn für die Wiederbeschaffung keine grossen Kapazitätsbeschränkungen existieren. In diesem Fall ist eine genaue Steuerung der Prioritäten weniger wichtig und die Wiederbeschaffung kann gestartet werden abhängig von den vom Kunden zurückgeschickten leeren Container.

Konzept der Two-Bin-Methode
Konzept der Two-Bin-Methode
  1. Der Kunde bezieht (verbraucht) die Produkte vom Lager (Supermarkt);
  2. Die leeren Container werden umgehend zum Lieferanten zurückgeschickt;
  3. Die Wiederbeschaffung wird ausgelöst durch einen leeren Container;
  4. Die fertigen Produkte werden im Container umgehend zurück zum Kunden geschickt.

Die Two-Bin Methode wird oft für die Wiederbeschaffung von Konsumartikeln oder Standardkomponenten verwendet.

Kanban-Plantafel

Die Kanban-Plantafel erlaubt eine feinere Steuerung der Prioritäten als die Two-Bin Methode. Diese Methode ist also besser geeignet für die Steuerung von Lieferanten mit Kapazitätsbeschränkungen. Im folgenden Beispiel werden drei Produkte mit den folgenden Planungsparameter gesteuert:

  • Produkt #1 (gelb): 4 Kanban mit Kapazität = 3;
  • Produkt #2 (grün): 2 Kanban mit Kapazität = 2;
  • Produkt #3 (rot): 3 Kanban mit Kapazität = 5.
Steuerung der Prioritäten mit Hilfe der Kanban-Plantafel
Steuerung der Prioritäten mit Hilfe der Kanban-Plantafel
  1. Der Kunde bezieht (verbraucht) die Produkte vom Lager (Supermarkt);
  2. Die Kanban-Karte wird unverzüglich vom Container abgelöst und zum Lieferanten gesendet, falls Produkte von einem noch vollen Container entnommen werden;
  3. Die Wiederbeschaffung wird gesteuert durch die Anzahl der wartenden Kanban-Karten sowie der Alarmniveaus (grün = kann produzieren, rot = muss produzieren);
  4. Die Wiederbeschaffung wird gestartet, falls die Anzahl der Kanban-Karten die Alarmniveaus übersteigt. Die fertiggestellten Produkte werden in Containern zusammen mit den Kanban-Karten zurück an das Lager (Supermarkt) des Kunden geschickt.

Dieses Beispiel illustriert auch wie es dem Lieferanten erlaubt, indirekt durch die Anzahl der wartenden Kanban-Karten den Lagerbestand beim Kunden zu evaluieren.

Die Prioritätensteuerung mit Hilfe der Kanban-Plantafel kann für bis zu 7 bis 10 Produkte angewendet werden.

Zusammenfassung

Die Kanban-Methode ist das ideale Werkzeug, um die Produktionssteuerung von Standardprodukten mit stabilem Bedarf zu vereinfachen. Diese Methode ist den IT-basierten Methoden (MRP) vorzuziehen, falls die Anwendungsbedingungen erfüllt sind. Die Vorteile sind eine verbesserte Synchronisation zwischen den Kunden und den Lieferanten sowie eine Stabilisierung der Durchlaufzeiten infolge der Begrenzung der Umlaufbestände.

Referenzen

  • Lane G. 2007. Made-to-order Lean: Excelling in a high-mix, low-volume environnment. Productivity Press, New York (in Englisch)
  • Mahoney R. M. 1997. High-mix low-volume manufacturing. Prentice-Hall, New Jersey (in Englisch)

Visuelle Planungstafeln

Die visuelle Planung der Produktion erlaubt ein einfaches Teilen aller wichtigen Informationen mit allen Mitarbeitern. Eine solche visuelle Kommunikation stellt sicher, dass alle Mitarbeiter die gleichen Informationen besitzen in Bezug auf die aktuellen Prioritäten, Ziele und Aufgaben.

Viele ERP-Systeme besitzen die Möglichkeit einer Integration von einem MES (Manufacturing Execution System), welches das Verfolgen der Effizienz und Leistung der Produktion in Echtzeit erlaubt. Ein solches Werkzeug hat den Vorteil der Integration der Daten innerhalb des ERP-Systems. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass die von solchen Systemen verlangte hohe Datenqualität nicht immer leicht zu erreichen ist.

Visuelle Planungstafeln bieten eine interessante Alternative, da sie eine einfache und effiziente Planung erlauben zu einem Bruchteil der Kosten eines MES.

Planung einer Produktionsabteilung

Die in der nächsten Figur illustrierten Planungstafel ist ein Beispiel für die Planung und Steuerung einer Produktionsabteilung. Im Folgenden sind die wichtigsten Planungstafel-Elemente aufgelistet, welche mit Hilfe einer metallischen Tafel und magnetischen Symbolen realisiert werden können:

  • Zeitachse: Die Zeitachse erlaubt das Verfolgen der aktuellen Situation der Produktion mit Hilfe dem roten Streifen. Dabei ist sehr wichtig, dass eine Zeiteinheit gewählt wird, welche nicht (unnötig) die Planungskomplexität erhöht (typische Einheit = 1 Tag oder 1 Schicht);
  • Planung der einzelnen Maschinen: Die Planung der Maschinen sollte die kommenden Produktionsaufträge für die nächsten Tage visualisieren. Falls nötig können auch spezifische Aufgaben wie der Unterhalt oder das Einrichten in die Planung aufgezeigt werden. Generell sollten die Positionen der Aufgaben regelmässig angepasst werden in Bezug auf die Zeitachse, damit sie der effektiven Situation entsprechen (roter Streifen);
  • Planung der Mitarbeiter: Die Planung der Mitarbeiter dient vor allem dem Verfolgen der geplanten und aktuellen Absenzen. Eine solche Planung erlaubt eine einfache Kontrolle der benötigten Ressourcen für das Ausführen einer Aufgabe (Produktion, Einrichten, usw.).
Visuelle Planungstafel für eine Produktionsabteilung
Visuelle Planungstafel für Produktionsabteilung

Eine solche Planungstafel sollte mindestens einmal pro Tag aktualisiert werden und angewendet werden, um die aktuellen Prioritäten und Aufgaben zusammen mit allen Mitarbeitern zu koordinieren.

Analyse der Effizienz einer Produktionsabteilung

Das folgende Beispiel entspricht dem visuellen Verfolgen der Effizienz einer Produktionsabteilung. Ein solches Werkzeug kann angewendet werden, um die Produktion sowie die Störungen (Pannen, Qualitätsprobleme, mangelnde Ressourcen, usw.) detailliert zu analysieren im Falle einer zu tiefen Leistungsfähigkeit.

Visuelle Planungstafel für die Überwachung der Leistung und Effizienz
Visuelle Planungstafel für die Überwachung der Leistung und der Effizienz

Ein solche detaillierte Analyse der Produktion sollte generell nur durchgeführt werden, bis die Korrekturmassnahmen eingeführt worden sind (siehe Lean-Verschwendung: (Zu) komplizierte Prozesse).

Planung einer auftragsgesteuerten Produktion

Die folgende visuelle Planungstafel erlaubt die Steuerung einer auftragsgesteuerten Produktionsabteilung (Einrichten, Störungen und gelieferte Mengen). Dieses Beispiel zeigt auch, dass die kumulierte (ungefähre) Produktionsleistung mit einfachen Mitteln verfolgt werden kann.

Visuelle Planungstafel für auftragsgesteuerte Produktionsabteilung
Visuelle Planungstafel für auftragsgesteuerte Produktionsabteilung

Zusammenfassung

Die präsentierten visuellen Planungstafeln sind einfach zu implementieren und können für die einfache und kosteneffiziente Planung und Steuerung von Produktionsabteilungen verwendet werden. Diese Planungstafeln können idealerweise auch in ein Lean-Programm integriert werden, da die visuelle Planung ein wichtiger Bestandteil dieses Konzepts ist (Kanban-Plantafeln).

Visuelle Planungstafeln können auch dazu verwendet werden, um visuelle Konzepte für die Steuerung der Produktion zu testen, welche anschliessend in einem MES implementiert werden können.